Und auch wenn du es wahrscheinlich nicht mehr hören kannst - finde ich es nochmal besonders spannend, eine Bundeswehr-Innenperspektive von einer Frau zu bekommen.
Das ist tatsächlich das, wonach die meisten fragen, wenn sie mit mir auf das Thema Bundeswehr kommen - Wie ist es eigtl als Frau beim Bund? Insbesondere im ICE werde ich genau darauf immer angesprochen xD
- Eine Wehrpflicht ist meines Erachtens nicht mit staatlich garantierter Freiheit vereinbar. Eine Ausnahme davon, halte ich nur in Krisenzeiten für verantwortbar.
Okai, dagegen kann ich natürlich nicht argumentieren. Vor allem, da man als Soldat zusätzlich teilweise in seinen (Grund-)Rechten eingeschränkt ist.
Bisher bin ich davon ausgegegangen, dass für, sagen wir mal "einfach gestrikte Geister" das militärische Befehlsystem mit seinen direkten und nicht zu hinterfragenden Befehlen, sowie die überwiegend eher körperlich-handwerklichen Tätigkeiten genau das Richtige sind.
In erster Linie stimmt das auch, aber die Bundeswehr braucht halt eben nicht nur "einfach gestrickte Geister", sondern auch Kompetente Fachleute. Und es gibt leider zu viele unfähige Leute, die in den Dienstgraden nach oben klettern, und zu viele fähige, die in den Mannschaftsdienstgraden versauern. Und zu einfach gestrickte Geister sind auch in den Mannschaften einfach nicht zu gebrauchen. Ein bisschen Grips muss auch im untersten Level vorhanden sein - Außer natürlich man will, dass einem absolut jeder, egal was er auf der Schulter trägt, auf einem rumtrampelt.
Dieses Nach-Befehlen-handeln-müssen, dieses Anordnungen-nicht-zu-hinterfragen
Ja, das ist... Gewöhnungsbedürftig, legt sich aber auch mit Zeit und Erfahrung. Kommt auch immer stark auf deine Vorgesetzten drauf an. Ich zB versteh mich mit meinen Vorgesetzten recht gut, und kann es mir leisten, blöde Sprüche zu lassen, oder über Aufgaben zu nörgeln. Erledigen tue ich sie im Ende natürlich dennoch. So blöd es klingt, Befehl ist Befehl, aber das Recht, sich nach Ausführung zu beschweren kann dir niemand nehmen. Befehlsrecht ist nicht so simpel, wie man denkt und hat bei mir in der AGA tatsächlich einige Stunden an Unterricht in Anspruch genommen. Nicht alles, was dir gesagt wird musst du machen und es gibt auch Sachen, die darfst du gar nicht machen.
Jemanden-grüßen-müssen-nur-weil-er-einen-höheren-Dienstgrad-hat
Mal ganz davon abgesehen, dass jemanden zu grüßen, sei es nun militärisch oder ein simples "Hallo" imo selbstverständlich sein sollte, hat man zwar die Pflicht, eine höhere Dienstgradgruppe (militärisch) zu grüßen, aber auch das Recht, zurück gegrüßt zu werden. Wenn ich also zB in der Kaserne an einem Hauptmann vorbeilaufe und den nicht grüße, kann ich dafür Ärger kriegen, je nachdem, wie streng dieser Hauptmann das sieht; wenn ich ihn grüße, er aber nicht zurückt grüßt, kann er genauso gut Ärger kriegen, im Endeffekt sogar deutlich mehr, da er als Vorgesetzter eine Vorbildfunktion innehält.
In meiner eigenen Kompanie zB gibt es mittlerweile nur noch drei Soldaten, die ich jeden Tag militärisch grüße, auch wenn ich nur Mannschafter bin. Das sind einmal der Spieß, der Kompaniechef, und ein Oberleutnant. Zwei davon meine direkten Vorgesetzten. Genau das gleiche gilt bei mir auch bei dem Siezen. Ich Duze so ziemlich jeden meiner Kameraden, andere Mannschafter sowieso, da die Mannschaften unter sich eigtl wirklich den meisten Zusammenhalt haben. Und in meiner Kompanie Sieze ich, aus Respekt, ab Hauptfeldwebel aufwärts, bis mir was anderes angeboten wird. Egal, ob direkt vorgesetzt oder nur nach Dienstgrad vorgesetzt. Und egal, wie gut ich mich mit der Person verstehe. Ich meine, ich hab mit einer Hauptfeldwebel einmal von Mittwoch auf Donnerstag durchgefeiert und ab fünf haben wir dann tot müde beide im Büro gehockt und gewartet, dass der Dienst, auf den wir beide kein Bock hatten, los geht - Und trotzdem Sieze ich sie noch immer.
"Zimmer gebe es nur im Puff!" Abgesehen davon, dass ich niemals das altbackende Wort "Stube" verwenden würde, glaube ich nicht, dass so ein Spruch zu Soldatinnen gesagt werden würde.
Den Spruch habe auch ich tatsächlich schon gehört Hab ich ihn doch glatt auf meiner Liste vom letzten Post vergessen. Ich sag mittlerweile eigtl nur noch Stube, man gewöhnt sich schnell daran. Oder auch Bude, anstelle von Stube, das ist auch noch akzeptabel, solange du innerhalb einer Meldung bei Stube verbleibst.
Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen Rekruten
Es gibt einen Grundsatz, der mir persönlich bei der Bundeswehr sehr gut gefällt: Es gibt kein Frau oder Mann, es gibt nur Soldat. Keine Bevorzugung, keine Nachteile. Du musst die gleiche Leistung bringen, dir wird das gleiche abverlangt, mit dir wird gleich gesprochen. Das einzige, wo es immer riskant wird, ist der Bereich der sexuellen Belästigung. Aber das ist ja überall so. Und es ist auch hier vollkommen egal, ob ein Vorgesetzter ein Rekrut oder einer Rekrutin an die Uniform packen will (um, was weiß ich, den Kragen zu richten?), er hat vorher um Erlaubnis zu fragen. Der Spruch "Darf ich Sie anfassen?" bzw. "Ich fasse Sie an" ist daher auch einer der vielen Sprüche, die gerne auf die Schippe genommen werden.
Sind die Kompanien gemischt oder gibt es reine "Frauen-Bataillone"?
Gemischt, von Anfang an. Das einzige, was nicht gemischt wird, sind die Stuben und die Toiletten/Waschräume. Wobei bei Toiletten manchmal Ausnahmen gemacht werden, zB wenn ein Toilettenraum aus welchem Grund auch immer Zeitweise nicht benutzt werden kann. Natürlich gibt es aber Kompanien mit höheren Männer oder Frauen Anteil. Ich zB bin im zentralen Sanitätsdienst, jedes Quartal aufs neue haben wir unter den Rekruten tatsächlich ein Männer-Frauen Verhältnis von 50-50. zB die Pioniere hingegen, mit denen wir uns unsere Kaserne teilen, bestehen fast ausschließlich aus Männern.